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Jonas Bens

Die Erfindung des Indigenen vor Gericht: Souveränität und Kultur in der Dogmatik indigener Rechte der Amerikas

 

Bens

Das Promotionsprojekt untersucht zentrale Dokumente zu indigenen Rechten in den Amerikas, insbesondere die Gerichtsurteile “großer” Fälle vor dem Inter-Amerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte, dem US Supreme Court und dem Supreme Court of Canada. Einbezogen werden früheste Urteile aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis hin zu aktuellen Entscheidungen. 

Untersuchungsmethode ist dabei eine Ethnographie rechtlicher Texte, die juristische Argumentationsmustern sowohl auf ihre Stellung in der völkerrechtlichen Dogmatik wie auch auf ihre anthropologischen Grundannahmen hin analysiert. Dabei geht die Arbeit nicht von einem statischen Verhältnis von Recht und es umgebenden Kontext aus, sondern betrachtet rechtliche und soziale Kategorien als in miteinander verbunden Diskursfeldern situiert und ineinander verschränkt.

Seit den 1970-er Jahren spricht die Literatur von einem Aufstieg indigener Bewegungen auf dem amerikanischen Doppelkontinent, die die Durchsetzung indigener Rechte fordern. Das Engagement indigener Bewegungen hat dabei zur Etablierung eines völkerrechtlichen Regimes zum Schutz indigener Rechte geführt. Dies spiegelt sich in einer veränderten Rechtsprechung in den Amerikas wider.

In der Literatur wird die These vertreten, dass sich rechtliche Strategien indigener Bewegungen verändert haben. Während bis in die späten 1980er Jahre Forderungen nach indigenen Rechten meist auf das Autonomieprinzip und das Selbstbestimmungsrecht der Völker gestützt wurden, ist in jüngerer Zeit die Fokussierung auf ein Menschenrecht auf Kultur zu erkennen. Diese „Kulturalisierung“ indigener Rechte wird entweder wegen ihrer Erfolge vor Gericht begrüßt, oder von ihren Folgen her kritisiert, insbesondere dass zugrunde liegende Verteilungskonflikte überdeckt würden. Dieses Projekt erforscht die Auswirkung indigener Rechte auf die rechtliche Dogmatik und seine Kategorien wie Eigentum, Souveränität oder territoriale Integrität und anthropologische Kategorien wie Kultur, Ethnizität oder kollektive Identität.

 

Inventing the Indigenous in Courts of the Americas: Sovereignty and Culture in Indigenous Rights Doctrine and Discourse

The PhD project investigates central indigenous rights documents from the Americas, especially court decisions of several „big precedents“ of the Inter-American Court of Human Rights, the United States Supreme Court and the Supreme Court of Canada. The study includes early cases before the US Supreme Court form the early 19th century as well as recent decisions of the Inter-American Court.

The project uses an “ethnography of legal texts” to investigate the legal documents for their legal argumentation as well as their anthropologically grounded basic assumptions. This method thinks of legal and social issues as strongly interconnected, and promotes methods from legal history, literary studies, psychoanalysis and ethnography.

Since the 1970s the literature speaks of a “rise of indigenism” globally but especially in the Americas. Indigenous movements mostly emerge as indigenous rights movements claiming their political projects before the courts. This engagement has given rise to an international legal regime for the protection of indigenous rights and to a sophisticated case law before national and international courts.

The literature promotes the contention that indigenous rights movements have changed strategy since the late 1980s. While indigenous peoples had referred before mostly to their inherent sovereignty and their rights derived from the international right to self-determination, most indigenous movements now claim a human right to culture. This “culturalization” of indigenous rights is either applauded for its successes or criticized for its neglect of economic inequalities.

This study aims to provide an anthropological analysis of how these legal debates influence legal and social conceptions of “indigeneity”, “culture”, “collectivity”, “property”, “sovereignty” and others.
 

 

Betreuerin: Prof. Dr. Karoline Noack

Förderung: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kontakt: jbens (at) uni-bonn.de

Foto: Unisabaneta at flickr.com

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